Keine Ahnung, woher diese Worte in mir kommen und warum ich es wage, sie aufzuschreiben. Nur eines ist mir klar: Gut ist relativ. Und gut kann ich selbst gestalten. Egal, was kommt. Also sollen diese Worte mein Anfang werden. Als ich diese Überschrift notiere, finde ich sie zuerst spritzig, dann provokativ und dann seltsam. Doch schlussendlich ist sie der Anfang für meine Gedanken zum Start ins neue Jahr. Weiß ich etwas, was andere nicht wissen? Ganz sicher nicht. Meine Unkenntnis der Zukunft ist unverändert. Aber ich bin sicher, dass es sich lohnt, von guten Möglichkeiten auszugehen.
Jeder Schritt kann in den Abgrund führen, aber jeder Schritt kann auch das Gegenteil bedeuten. Was kann helfen, neue Schritte beherzt zu gehen, ohne jedes Mal das Hindernis der Angst überwinden zu müssen? Für mich ist es die Freude. Ein neuer Schritt löst in mir immer Unruhe aus, ein Kribbeln in der Magengegend, und Aufregung ist auch dabei. Aufregung kann ich mit Freude verbinden – der Freude auf das Davor. Vorfreude. Bekanntlich die schönste Freude.
Es ist diese Freude, die mich antreibt, während ich diesen Blog seit nunmehr 2 Jahren schreibe. Sie hat zu einem Buch geführt: „Zukunft gesucht – Mit der Kraft der Krise in eine neue Welt“. Darin sind alle meine auf diesem Wege formulierten Gedanken zum Thema der neuen Realität zusammengefasst. Neben den Blogs habe ich weitere Texte von mir und unveröffentlichte Geschichten hinzugefügt, um die Ideen zu bereichern. Und ein vollkommen neues Kapitel ist entstanden, eines, das mich selbst überrascht hat. Es handelt von den 5 Zutaten für eine bessere Zukunft, und ausgerechnet dieses Kapitel ist erstaunlich kurz. Weil es erstaunlich wenig braucht, um eine bessere Zukunft zu gestalten. Die erste Zutat ist Bewusstsein. Über diese Zutat und alle anderen habe ich in den letzten Jahren geschrieben. Weißt du sie noch? Mehr dazu findest du hier.
Claudia Wondratschke hat neue Bilder für diese Zutaten geschaffen, und zwar exklusiv für dieses Buch. Hatte ich Unbehagen zwischendurch? War ich unruhig? War das Buch wieder ein Schritt ins Ungewisse? Oh ja. Ganz sicher. Als ich es das erste Mal in der Hand hielt, war ich voller Freude, und auch davor war diese leicht mulmige Vorfreude auf das neue Werk gewesen. Ob es jemand lesen will? Ob es den Menschen etwas geben kann, was sie dringend brauchen? Nun, das hoffe ich, und dann fällt mein Blick in einer Bahnhofsbuchhandlung auf die neue GEO-Ausgabe 01-2023. Und alles ändert sich.
Was steht dort auf dem schlichten Cover? „Nur Mut – Die Welt ist gut. 9 Gründe für mehr Zuversicht (trotz allem)“. Aus leuchtendem Gelb heraus strahlen mich die Buchstaben an.
Wow, ich bin nicht allein mit meiner positiven Sicht auf die Dinge. Und schon fühlt sich alles besser an.
Vielleicht liegt der wahre Mut darin, Positives zu wagen, während eine ganze Welt sich in Katastrophenstimmung wiegt.
Mir fällt dabei ein, dass alle genialen Idee eines teilen: Sie waren zunächst vor allem unbekannt und niemand hätte gewagt, sie zu denken. Bis es dann doch jemand getan hat. Was denkst oder tust du, um die Welt besser zu machen, um eine gute Zukunft in der Gegenwart zu erschaffen?
Ich versuche, jeden Tag bewusst etwas zu tun, was in die Kategorie Weltverbesserung gehört. Ohne zu missionieren, ohne es zu betonen, ganz einfach nur für mich und mein unmittelbares Gegenüber. Es sind die kleinen Dinge, die uns das Leben verschönern. Es sind die kleinen Dinge, die das Wagnis überschaubar und Ablehnung erträglich machen. „Ich bringe dir etwas mit“, „Brauchst du etwas?“, mit diesen einfachen Sätzen fängt soziales Miteinander an. Dafür braucht man manchmal Mut, aber die Belohnung kommt schnell. Es lohnt sich also.
Soziale Initiativen sind meistens einfach, wenn sie funktionieren. Die Hürde: Kann man kontrollieren, ob jemand soziale Unterstützung braucht? Meine Frage lautet: „Muss man das denn?“ Und sie enthält intrinsisch meine Antwort: „Nein, muss man nicht.“ Ich teile gerne, vor allem, wenn ich es freiwillig tue. Gerade um die Weihnachtszeit herum wurde ich mit Spendenanfragen bombardiert. Ich spende immer. Einfach, weil ich es kann und weil es dazu keinen Anlass braucht. In einer zukünftigen Welt würde ich das lieber Fürsorge nennen oder Miteinander. In ihr wäre es selbstverständlich, daran zu denken, dass auch andere Menschen etwas brauchen. Manchmal träume ich sogar von einer sozial gerechten Welt. Doch das ist viel schwieriger umzusetzen. Ganz einfach, weil sich die Ansichten über soziale Gerechtigkeit drastisch unterscheiden. Also kehre ich zurück zum Einfachen.
Kennst du die Möglichkeit, einen „Ausgesetzten“ zu bestellen? In Italien rund um Neapel ist es seit Jahrzehnten üblich, in der Weihnachtszeit zwei Kaffees zu bestellen, zu bezahlen und nur einen zu verzehren. Den anderen bekommt jemand, der ihn sich nicht leisten kann. Kostenloser Kaffee für Bedürftige. Inzwischen ist die Idee von Italien über Bulgarien bis nach London gelangt. „Suspended coffee“, ein „ausgesetzter Kaffee“, setzt sich durch. Würden alle Kaffeehäuser und Coffeeshops mitmachen, wäre das ein deutliches Signal. Eines, das dafür sorgte, dass wir als Gruppe aneinander denken. Im Kleinen – wie ein Stamm. Und zwar ganzjährig, nicht nur zu Weihnachten.
Stell dir vor, ein ausgesetzter Kaffee wäre eine Selbstverständlichkeit auf den Getränkekarten. Das jetzt Außergewöhnliche würde zum Selbstverständlichen werden. Und gleichzeitig könnte ein „Ausgesetzter“ der neue Renner in Coffeeshops auf der ganzen Welt werden. Interessant: Auf Facebook wird gelikt, aber im großen Stil umgesetzt wird die Idee nicht. Noch nicht, denn die Möglichkeit ist doch gleichermaßen simpel wie zwingend. Sogar erweitern könnte man sie – auf Gerichte, Essen. Nur sind die Bedürftigen natürlich nicht die, die das Bild in einem Restaurant verschönern. Grund genug, sie nicht überall haben zu wollen. Außerdem ist das System anfällig für Missbrauch. Wer kann nachweisen, ob er wirklich bedürftig ist? Und wer will kontrollieren? Also doch lieber spenden?
Merkst du, wie die gute Idee im Keim erstickt? So fühlt sich die Auswirkung von Angst an. Mut sagt: „Wir riskieren es. Schlimmstenfalls funktioniert es nicht. Und dann versuchen wir etwas anderes.“
In jedem Fall basiert diese Aktion auf guter Absicht und vor allem Vertrauen. Für mich gehören diese Qualitäten zur Menschlichkeit. Eine der anderen Qualitäten, neben Bewusstsein, die so dringend für eine bessere Zukunft nötig sind. Und Menschlichkeit kostet dich nicht viel, nur oder vor allem Aufmerksamkeit und dann deine Bereitschaft zur Aktion. So ist es auch insgesamt mit der Welt: Krisen, schwere Zeiten, Katastrophen hat es immer gegeben – und immer schon haben sich Menschen zusammengetan, um Lösungen zu finden. Und sie haben es auch geschafft, denn wir sind noch da.
Ich bin sicher, in den seltensten Fällen wussten unsere Vorfahren genau, wie alles ausgehen würde. Sie sind den Weg einfach gegangen. Damit haben sie eine Weisheit gelebt, die mir sehr vertraut ist: Eine Lösung entfaltet sich erst, wenn wir sie grundsätzlich für möglich halten. Eine andere Weisheit, die mir dazu einfällt, stammt von einem meiner Lieblingsdichter, dem Perser Rumi:
„Wenn du beginnst, auf dem Weg zu gehen, erscheint der Weg.“
Rumi lebte im Mittelalter und seine Sprüche sind unverändert aktuell.
Also schlage ich dir Folgendes vor: übe dich im Vertrauen, entwickle deine gute Absicht und verfolge sie, unbeirrt. Vertraue darauf, dass es sich lohnt. Nur Mut – das Jahr wird gut. Trotz allem.
Die Spatzen pfeifen es buchstäblich von den Dächern: 2023 hat begonnen. Es ist ungewöhnlich warm für den Januar. Ich kann mich nicht erinnern, wann es das letzte Mal so war oder ob ich das überhaupt schon mal in Deutschland erlebt habe. In jedem Fall fällt es mir besonders auf. Sollte ich darauf beunruhigt reagieren? Nun, zumindest könnte ich das. Würde es etwas nützen? Vermutlich nicht. Also entscheide ich mich, es einfach zu beobachten und bewusst zur Kenntnis zu nehmen. Gleichzeitig wechseln sich klare, kraftvolle Farben am Himmel mit Regenwolkengrau ab und mir ist kalt. Wird das die Mischung im kommenden Jahr? Mild und hart zugleich? Beunruhigend und vertraut? Während ich friere und dankbar bin für meine Handschuhe, meinen Schal und meine Mütze, denke ich: Nur Mut – das Jahr wird gut.