Welche Art Mensch müssen wir in der Zukunft sein? Eine berechtigte und nicht triviale Frage. Aber ist die richtigere Frage nicht vielmehr: Wie menschlich müssen wir sein, um eine gute Zukunft zu gestalten?
Neulich habe ich erneut den Film Mission Joy gesehen. Er erzählt von der Begegnung zweier ungewöhnlicher Männer und ihrer außergewöhnlichen Freundschaft: Erzbischof Desmond Tutu und der Dalai Lama sind internationale Ikonen mit Biografien, die unterschiedlicher nicht sein können. Dennoch habe ich selten eine so selbstverständlich gelebte Form des Respekts und der Achtsamkeit gesehen, ein so kraftvolles Ja zum Leben, gegen jeden Widerstand und mit sichtbarer Freude. Beeindruckend. Beide sind nachdenklich, fröhlich, ernst, ehrlich und vor allen Dingen echt. Und beide sagen: Menschlichkeit braucht Menschen. Genau diese Aussage hat mich veranlasst, das Thema in diesem Blog aufzugreifen und der Frage nachzugehen, welche Art Mensch wir in der Zukunft sein müssen.
Manche Menschen meinen, Menschlichkeit sei eine Schwäche oder Schwäche sei das, was den Menschen zum Menschen macht. Ich glaube, dass jede dieser Aussagen einen kleinen Teil der Wahrheit enthält, um die es mir geht. Ja, Menschen sind fehlbar. Unbestritten können Menschen auch grausam sein, aber sie können ebenso mitfühlen, trösten, helfen und sich miteinander verbinden. Was also hindert sie daran, genau das zu tun, und vor allem: Was ist ihr wahres, positives Ich? Wie ist der wahre Mensch? Wie ist sein Charakter?
"Unser Charakter ist das, was wir tun, wenn wir denken, dass niemand zuschaut."
H. Jackson Brown, Jr.
Dieser Satz des amerikanischen Schriftstellers hat es wahrhaftig in sich. Kennst du den Genuss, etwas Verbotenes zu tun? Beispielsweise schwimmen zu gehen, wenn, wann oder wo es nicht erlaubt ist, sich nachts dem elterlichen Verbot zum Trotz aus dem Haus zu schleichen, Süßigkeiten zu naschen, wohlwissend, dass es den Gefäßen schadet, oder im Kreisverkehr die Abkürzung zu verwenden? Ich kenne kaum Menschen, die nicht schon mal etwas in dieser Art getan hätten. Ist das der ultimative Beweis? Ist das die menschliche Natur? Oder braucht es etwas, damit wir das Beste in uns hervorbringen? Die Antwort auf diese Fragen könnte alle soziologischen und psychologischen Herausforderungen unserer Gesellschaft verändern.
Ich würde dem Zitat gerne das kleine Wörtchen auch hinzufügen: Unser Charakter ist auch das, was wir tun, wenn wir denken, dass niemand hinschaut. Mit dem Erkennen dessen, was wir auch sind, könnten wir uns verändern und ehrlich mit uns sein. Gleichzeitig ist er immer noch da, der Unterschied zwischen dem Charakter, den wir zeigen, und dem, den wir leben, wenn keiner zuschaut. Ich frage mich, ob diese Unterscheidung so sein muss. Vielleicht ist es ja auch möglich, immer wahrhaftig zu sein? Ich glaube, beides geht. Ganz sicher kann ich etwas zurückhalten, mir überlegen, ob etwas passend ist, wenn ich in der Öffentlichkeit bin – aber muss ich mich dazu verbiegen, weniger ich selbst sein?
Welche Geschichte erzählst du dir über dich? Und vor allem: Stimmt diese Geschichte? Ich erinnere mich noch gut daran, wie ich gerne über mich selbst gesagt habe, ich sei total chaotisch. Bis eines Tages eine Kollegin sagte: „Ich habe noch nie jemanden gesehen, der so strukturiert ist wie du.“ Wham. Kognitive Dissonanz vom Feinsten. Also was stimmt? Es stimmt, dass meine kreativen Phasen oft ein gewisses Chaos mit sich bringen, und es stimmt auch, dass ich mit Chaos gut umgehen kann. Ich habe Strukturen geübt und ich nutze sie, um in diesen chaotischen Elementen produktiv sein zu können. Natürlich könnte ich jetzt mit der Chaostheorie um die Ecke kommen oder mit Friedrich Nietzsche: Man muss noch Chaos in sich haben, um einen tanzenden Stern gebären zu können.
Aber das tue ich nicht, denn in jedem Fall wäre es nur ein engagierter Versuch, mich zu rechtfertigen und etwas, was auf den ersten Blick von vielen Menschen negativ bewertet wird, zu etwas Positivem zu machen. Wem nützt das? Mir nicht. Den anderen auch nicht, denn schlussendlich kann es nur darum gehen, wahrhaftig sein bestes Selbst zu sein. Worum es in Wirklichkeit geht, ist, die richtige Geschichte über sich zu erzählen. Ich glaube, dass wir in Zukunft hauptsächlich Menschen brauchen, die genau das tun und die ihr wahres, positives Selbst entwickeln. Denn keinesfalls werden wir uns die Gier, einen der großen Motoren unserer Zeit, dann noch leisten können. Damit komme ich zu dem, was ich in meiner Überschrift versprochen habe.
Du kannst dir sicher sein, dass jede Erkenntnis aus diesen 5 Schritten dich weiterbringt. Denn wenn du dein wahres Selbst erkennst, kannst du dich entwickeln, statt dir selbst etwas vorzumachen. Und das wiederum würde dazu führen, dass du besser werden kannst – und damit auch die Welt. Denn ja: Ich halte den Menschen grundsätzlich für gut und Menschlichkeit nicht ohne Grund für einen positiven Begriff.
In der Zukunft wird diese Verbesserung unserer Welt genau davon, von Menschlichkeit, Miteinander und Gerechtigkeit abhängig sein.
Und darin sind wir in der Tat seit einigen Jahrhunderten erstaunlich ungeübt. Vielleicht ist das der wahre Grund, warum uns Geschichten wie Der Herr der Ringe so fesseln. Weil wir eigentlich alle wissen, was wichtig wäre, und wir innerlich erleichtert sind, wenn Geschichten gut ausgehen, ohne dass wir daran beteiligt sind. Doch je mehr wir uns selbst erkennen, desto wahrhaftiger können wir uns entwickeln, können wir uns beteiligen, um die Menschen zu werden, die eine gute Zukunft braucht. – Vielleicht auch, weil wir wollen, dass es die guten Geschichten sind, die eines Tages über uns erzählt werden.